Natrium-Ionen-Batterien als neue Option für PV-Speicher

Das vom BMBF geförderte Projekt „SIB:DE FORSCHUNG“ untersucht, wie sich Natrium-Ionen-Batterien dank der kostengünstigen, global verfügbaren und sicheren Natrium-Ressourcen in bestehende Lithium-Ionen-Fertigungsprozesse integrieren lassen, um besonders im Bereich stationärer Speicher (z. B. Photovoltaik) neue Potenziale zu erschließen.
Lithium-Ionen-Batterien sind bislang das Rückgrat zahlreicher Anwendungen für Energiespeicher, von Elektroautos bis hin zu Photovoltaik-(PV-)Anlagen. Doch die begrenzte Verfügbarkeit und steigenden Preise für Lithium lenken den Blick auf Alternativen – eine davon ist die Natrium-Ionen-Technologie. Im Rahmen des von der BASF koordinierten Projekts „Sodium-Ion-Battery Deutschland-Forschung – SIB:DE FORSCHUNG“ erprobt ein Konsortium aus Industrie und Forschung, ob sich Natrium-Ionen-Batterien (SIB) in bereits bestehende Produktionsprozesse integrieren lassen, um kostengünstige und sichere Akkus im industriellen Maßstab herstellen zu können.
1. Hintergrund: Was macht Natrium-Ionen-Batterien interessant?
1. Rohstoffverfügbarkeit und Kosten
• Natrium ist weltweit in großen Mengen vorhanden – beispielsweise im Meersalz – und dadurch deutlich günstiger als Lithium.
• Die Produktion von Natrium-basierten Elektrodenmaterialien könnte langfristig helfen, Lieferengpässe bei Lithium zu reduzieren und Preisschwankungen abzufedern.
2. Sicherheit
• Natrium-Ionen-Batterien gelten im Vergleich zu einigen Lithium-Ionen-Varianten als besonders sicher und weniger anfällig für thermische Durchgehen (Thermal Runaway).
3. Einsatz in PV-Speicherlösungen
• Bei stationären Speichern, etwa in Kombination mit Photovoltaik, stehen Kosteneffizienz und lange Lebensdauer im Fokus. Hier könnten sich Natrium-Ionen-Systeme als Alternative für Lithium-Batterien etablieren.
2. Das Forschungsprojekt SIB:DE FORSCHUNG
Das Projekt „SIB:DE FORSCHUNG“ startete im Januar 2023 und läuft bis Dezember 2027. Gefördert mit 14 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), untersuchen 7 Industriepartner, 14 akademische Institutionen sowie 42 weitere Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft verschiedene Aspekte der Natrium-Ionen-Technologie.
Projektziele
1. Materialidentifikation
• Erforschung und Entwicklung leistungsfähiger und kostengünstiger Materialien für Kathoden (z. B. Schichtoxide, polyanionische Verbindungen, Preußisch-Blau-Analoga) und Anoden (häufig hartkohlenstoffbasierte Materialien).
• Schwerpunkt liegt auf der Beschleunigung von Alterungsprozessen: Natrium-Ionen-Batterien altern bisher schneller als Lithium-Systeme. Ziel ist eine Steigerung der Zyklenstabilität.
2. Zelldemonstratoren
• Aufbau von Prototypen, sogenannten Zelldemonstratoren, um die entwickelten Materialien in realen Batteriezellen zu testen und ihre Performance sowie Langzeitstabilität zu analysieren.
3. Drop-in-Fähigkeit
• Untersucht wird, ob sich Natrium-Ionen-Materialien in bestehenden Produktionslinien für Lithium-Ionen-Batterien verwenden lassen.
• Ziel ist die kostengünstige Umrüstung bereits vorhandener Infrastruktur, was den Markteintritt für SIB-Technologien erheblich erleichtern könnte.
4. Wirtschaftliche und ökologische Bewertung
• Entwicklung einer Bewertungsmatrix, die Parameter wie Skalierbarkeit, Produktionsintegration, Kosten und Leistung berücksichtigt.
• Einbeziehen von Lebenszyklusanalysen (Life Cycle Assessments), um die ökologische Bilanz der Natrium-Ionen-Batterien zu prüfen.
3. Technische Herausforderungen
1. Chemische Unterschiede zu Lithium
• Trotz ähnlicher elektrischer Eigenschaften ist Natrium deutlich größer als Lithium, wodurch es schwieriger in die Kristallgitter der Elektrodenmaterialien einzulagern ist.
• Dies kann zu geringerer Energiedichte und schnelleren Alterungserscheinungen führen.
2. Stabilität und Lebensdauer
• Bisher erreichen Natrium-Ionen-Batterien nicht die Leistungsfähigkeit (Wh/kg) und Lebensdauer gängiger Lithium-Ionen-Akkus.
• Ziel des Forschungsprojekts ist es, Materialien und Zellkonzepte zu entwickeln, die eine vergleichbare Zyklenstabilität ermöglichen.
3. Skalierbare Produktionsprozesse
• Die Fertigung der Elektrodenmaterialien muss so gestaltet sein, dass sie industriell in großen Mengen reproduzierbar ist.
• Spezielle Beschichtungsverfahren oder neue Anlagen könnten nötig sein, wenn die Drop-in-Fähigkeit nicht vollständig gegeben ist.
4. Ausblick: Chancen für PV-Speicher und Industrie
1. Stationäre Anwendungen
• In Solarspeichern oder netzstabilisierenden Anwendungen (z. B. Großspeicher) könnten Natrium-Ionen-Batterien punkten, wenn sie kostengünstiger und sicherer als Lithium-Systeme sind.
• Erste Großspeicher in China zeigen bereits, dass sich Natrium-Ionen-Batterien in der Praxis einsetzen lassen.
2. Potenziale im industriellen Maßstab
• Gelingt die reibungslose Integration in bestehende Produktionslinien, könnten Hersteller schnell auf Natrium-Ionen umsteigen, wenn sich Engpässe oder Preissteigerungen bei Lithium verstärken.
• Eine breite Verfügbarkeit und günstige Rohstoffbasis bieten zudem Handlungsspielraum für verschiedene Branchen (Energiespeicher, E-Mobilität, stationäre Industrieanwendungen).
3. Langfristige Marktdiversifizierung
• Neben Lithium-Ionen-Batterien und möglichen Alternativen wie Festkörperzellen gewinnt die Natrium-Ionen-Technologie als ergänzende Speicherlösung an Bedeutung.
• Eine Diversifizierung des Batterieportfolios erhöht die Resilienz gegenüber Rohstoffknappheiten und Preisschwankungen.
5. Fazit
Natrium-Ionen-Batterien könnten eine vielversprechende Ergänzung zu Lithium-Ionen-Systemen werden, vor allem für stationäre Speicheranwendungen wie Photovoltaik-Anlagen. Das vom BMBF geförderte Projekt SIB:DE FORSCHUNG bündelt nun die Kompetenzen zahlreicher Industriepartner und akademischer Einrichtungen, um die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Natrium-Ionen-Technologie zu untersuchen.
Obwohl technische und chemische Herausforderungen bestehen – insbesondere bei Leistungsdichte und Alterung – eröffnen sich große Chancen, wenn die Integration in bestehende Produktionsprozesse gelingt. Die Zukunft wird zeigen, ob Natrium-Ionen-Akkus, dank ihrer guten Verfügbarkeit und Kostenstruktur, zu einem echten Gamechanger in der Speichertechnologie werden können.
Quellen
1. Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM)
https://www.ifam.fraunhofer.de
(Offizielle Informationen zum Projekt „SIB:DE FORSCHUNG“ und Pressemitteilungen)
2. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
(Details zur Förderpolitik, zu Projekten im Bereich Batterie- und Materialforschung)
3. BASF – Koordinator des Projekts
(Unternehmensinformationen und Innovationen im Bereich Batteriematerialien)
4. Fachartikel und Berichterstattung